Grüne Nah- und Fernwärmegewinnung aus Fließgewässern - Untersuchung für die 80 Großstädte in Deutschland

27. November 2024

Online - 9.00 - 10.00 Uhr

Mit über 400.000 km Fließgewässernetz und mehr als 185 Milliarden m³ jährlichen mittleren Abfluss sind die Fließgewässer in Deutschland flächendeckend vorhanden und besitzen große Potenziale im Bereich der Wärmegewinnung für Grüne Nah- und Fernwärme.

Aktuelle Untersuchungen des ISD der TU Braunschweig zeigen, das alleine im Bereich der Fließgewässer bei einem Temperaturentzug von 2 K ein Wärmepotenzial von 430,8 bis 861,5 TWh/a in Deutschland erschlossen werden kann, was bis zu 35,8 % des Endenergiebedarfs, bis zu 64 % des Wärmebedarfs und bis zu 94 % des Wärmebedarfs im Niedertemperaturbereich in Deutschland entspricht.

In den durchgeführten Untersuchungen wurde auch das aquathermische Potenzial der Fließgewässer in den 80 Großstädten in Deutschland ausgewertet. 41 der 80 Großstädte in Deutschland und damit 51 % können ihren gesamten Raumwärmebedarf für Haushalte, Industrie, Dienstleistung, Handel und Gewerbe zu 100 % und mehr aus den Fließgewässern decken. 58 Großstädte können ihren Raumwärmebedarf zu mindestens 50 % aus der Fließgewässerwärme generieren, was 73 % aller Großstädte darstellt. Nur 5 Großstädte weisen ein Fließgewässerpotenzial von maximal 10 % der erforderlichen Raumwärmebereitstellung bei einer Einmalentnahme auf.

Da unsere Fließgewässer in Deutschland seit 1950 infolge des Klimawandels um 3 bis 4°C wärmer geworden sind, stellt der Wärmeentzug von 2 K für die Gewinnung grüner Nah- und Fernwärme eine optimale ökologische Gewässersanierungsmaßnahme und eine effiziente Klimafolgeanpassung dar.

Am besten gewonnen werden kann die Fließgewässerwärme über Wasserkraftanlagen, da die Wasserkraftanlagen das Recht der Wasserentnahme für die energetische Nutzung besitzen, i.a. den vollständigen zur Verfügung stehenden Abfluss verarbeiten und eine Wärmeentnahme nur noch eine Erweiterung des bestehenden Rechtes darstellt. Darüber hinaus bestehen an den Wasserkraftanlagen die notwendigen Entnahmebauwerke, Rechenanlagen und Fischwanderhilfen, was die ökologische Durchgängigkeit sicherstellt und eine schnelle Umsetzung einer aquathermischen Nutzung ermöglicht. Der in den Anlagen erzeugte Strom kann anteilig für den Betrieb der Großwärmepumpen genutzt werden. Da die Wasserkraftanlagen in den Städten und Dörfern liegen, können sie hier einen entscheidenden Beitrag zur kommunalen Wärmeversorgung liefern.

Für die 80 Großstädte wurde daher auch untersucht, was die in den Großstädten in Betrieb befindlichen Wasserkraftanlagen zur Wärmeversorgung der Großstädte leisten können. Es zeigt sich, dass alleine 33 Großstädte den benötigten Raumwärmebedarf vollständig über die Wasserkraftanlagen decken könnten.

Im Rahmen des Vortrages werden die aktuellen Forschungsergebnisse vorgestellt.

Referent: Dipl.-Ing. Christian Seidel, Leiter der Arbeitsgruppe Regenerative Energien, Technische Universität Braunschweig

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